Gemeindepolitik
Jetzt gehen wir einmal auf das Rathaus und hören, was da so los ist (Recherche von Fritz Barth):
Schultheiß Häberlen, seit 1880 als letzter "lebenslänglicher Schultheiß" in Calmbach im Amt "schmeisst" zusammen mit dem Gemeindepfleger Ferdinand Bott "den Laden"! Es gibt einen Gemeinderat und einen Bürgerausschuss, der letztere kontrollierend als Stimme des Volkes.
Der Schultheiß in Calmbach ist gleichzeitig Feuerwehrkommandant. Er schlägt vor, Äxte, Sägen, Schaufeln, Hauen und Rechen für eventuelle Waldbrände auf Kosten der Gemeinde für die Feuerwehr anzuschaffen. Der Gemeinderat will sparen und lehnt das ab: Die Feuerwehrleute sollen ihr Geschirr von daheim mitbringen!
Ein Bahnwärterhaus an der Böhmlessägmühle wird genehmigt. Alfred Gauthier will ein Turbinenhaus im Calmbachtal und Karl Fr. Rau eine Heuscheuer in der Calwer Straße bauen. Der Verein bischöflicher Methodisten will einen Versammlungsraum in der Alten Höfener Straße und Karl Seyfried will eine Doppelhaus in der Calwer Straße bauen. Gr, Fr, Kiefer will den Adler um einen Stock erhöhen, Chr. Jäger (Rosenwirt) will ein Verkaufslokal einrichten. Chr. Fr. Bott (Flößer) will eine Heuscheuer in den Altwiesen, Wilhelm Ohngemach (Schreiner) ein Wohnhaus in der Hammerstatt und Fr. Ruff (Wagner) eine Wohnung auf seine Werkstatt bauen.
Für ein furchtbares Brandunglück in Aalesund (Schweden) werden 1 Pfg. pro Einwohner, also 24,27 Mark, überwiesen.
Die Post soll in der Mitte des Dorfes eingerichtet werden, dazu eine öffentliche Fernsprechzelle. Zwei Farren, nur 1. und 2. Klasse sind zu halten, dazu ein Ziegenbock.
Der Bürgernutzen wird auf 15 Mark festgelegt. Martin Österle erwirbt das Bürgerrecht, zahlt dafür 110 Mark "Einstandsgeld" und darf dafür am Bürgernutzen teilhaben.
Der Sommer-Taglohn für Männer beträgt 2,50 Mark, für Frauen 1,60 Mark, im Winter jeweils 2,30 Mark und 1,50 Mark.
Die Nachtwächter Ph. und Gottl. Barth werden wegen Nachlässigkeit um 3 Mark gestraft.
Hauptthema des Jahres ist der Bau eines neuen Schulhauses. In drei Schulhäusern waren fünf Klassen mit zusammen 400 Schülern untergebracht. Das neue Schulhaus soll 178.000 Mark kosten. Die Calmbacher glauben damals, für alle Zeiten eine genügend große Schule zu haben! Es gab eine Unterklasse mit 88 Schülern, eine untere Mittelklasse mit 88, eine obere Mittelklasse mit 102, eine Oberklasse mit 78 und dazu noch eine Mittelschulklasse mit 34 Schülern.
Der Gemeinde-Etat vom 1.4.1904 bis 1.4.1905
Gemeinderäte waren: Häberlen, Rau, C.Seyfried, Ch. Rau, Schöninger, Bott, Höschle
Bürgerausschuss: Locher, Chr. Bott, Ehrhardt, Bott, Rentschler, Bott
Einnahmen: | Mark |
Wohnsteuer | 1.000 |
Einkommensteuer | 500 |
Strafen | 300 |
Beitrag Straßenunterhaltung | 250 |
Beitrag für Ortsarzt | 150 |
Beitrag für Kirche und Schule | 1.400 |
Arbeitsschule | 60 |
Winterabendschule | 60 |
Fortbildungsschule | 300 |
Aus Gebäude und Gütern | 1.852 |
Holzerlös | 2.160 |
Ertrag der Allmanden | 290 |
aus Steinbrüchen | 10 |
Brunnenzinse | 10 |
Zins aus Kapitalien | 5.562 |
1.011 | |
zum örtlichen Feuerlöschwesen | 400 |
Staatsbeitrag Grundbuch | 346 |
Fleischbeschaugebühren | 800 |
Darlehen für Schulhausbau | 150.000 |
Summe der Einnahmen: | 24.600 |
Ausgaben: | Mark |
Wald: | |
dem Waldschützen | 800 |
Kulturkosten | 2.475 |
Wegbaukosten | 1.900 |
Hauerlöhne | 3.525 |
Kontrolle | 310 |
Auf Allmanden: | |
Mobiliar und Material | 200 |
Zins auf Passiv-Kapital | 2.790 |
Verwaltungskosten: | |
Schultheiß | 2.575 |
Standesbeamter | 300 |
Arbeiterversicherung | 200 |
Gemeindepfleger | 975 |
Platzmeister | 15 |
Baukontrollen | 50 |
Ratsschreiber | 130 |
Pensionen | 100 |
Taggelder | 150 |
Heizung und Beleuchtung | 200 |
6 rm Holz | 27 |
Schreibverdienst | 650 |
Gemeindevisitation | 150 |
Buchbinderkosten | 200 |
Porto | 50 |
Prozesskosten | 15 |
Boten-, Fuhrlohn | 31 |
Kranken-, Invalidät-, Unfall-, Arbeitsversicherung | 400 |
Außerordentliche Ausgaben: | |
Zahlung an Pensionskasse | 131 |
Feuerlöschwesen | 46 |
Abgabe von Pflichtigen | 400 |
Wildschaden-Ersätze | 250 |
Summe der Ausgaben | 32.580 |
Einnahmen | 24.600 |
Ausgaben | -32.580 |
Defizit | 7.980 |
Etat Armenwesen | Mark |
Grundstocksvermögen | 22.969 |
Rechners Remanet | 925 |
Einnahmen: | |
Hundetaxe | 290 |
Guthabenzins | 851 |
Ersatz-Armenkosten | 300 |
Ausgaben: | |
Rechner | 150 |
Ersätze | 63 |
Porto | 3 |
Steuern | 50 |
Aufwand für Arme: | |
wöchentliche Almosen | 1.500 |
Hauszinse | 250 |
Kostgelder | 1.000 |
Kleider | 100 |
Kurkosten | 300 |
Lehrgelder | 75 |
Vagantenverpflegung | 25 |
Stiftungszinse | 308 |
Krankenpflege | 750 |
Einnahmen | 1.500 |
Ausgaben | -4.800 |
Defizit: | 3.300 |