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von Fritz Kalmbach

 

Ortseingangsschild Ueberberg

Ortseingangsschild mit Phantasiewappen

Überberg, Stadtteil von Altensteig seit 1974, war zuvor eine selbständige Gemeinde und ist kein einzelnes Dorf, sondern besteht entweder aus drei Orten: Heselbronn, Zumweiler, Lengenloch, oder aus fünf Orten, denn Zumweiler wird untergegliedert in Oberer Weiler, Mittelweiler und – Sachsenweiler (!). Die drei Hauptorte wurden erst im Jahre 1829 durch Erlass der königlichen Regierung in Stuttgart zu einer gemeinsamen Gemeinde mit dem neuen Ortsnamen Überberg zusammengeschlossen. Bis dahin waren Heselbronn und Zumweiler - und zeitweise auch Lengenloch - selbständige Gemeinden.

 

Heselbronn zeigt die Siedlungs- und Flurform eines sog. Haufendorfs mit Gewannflur. Zumweiler und Lengenloch sind an Hand der ältesten Flurkarten von 1836 als Waldhufendörfer anzusprechen.

 

Unter einer Hufe versteht man die Gesamtheit von Haus und Kulturland eines Bauernhofes mit rund 24 ha.

 

Totentanz
Rodungsarbeit. Ausschnitt aus dem Holzstich
„Totentanz“ von Hans Holbein d. J., 1538
 

Wald-Hufendörfer sind mittelalterliche Reihensiedlungen, eine planmäßige, erfolgreiche, weit verbreitete Siedlungsform auf gerodetem Waldland im sog. Jungsiedelland. Sie wurden nach gleichbleibendem Grundplan rund 500 Jahre lang etwa ab 800 bis um 1300 in fast allen bewaldeten, deutschen Mittelgebirgen, aber auch in den nordwestdeutschen Marschen und Mooren und im Gebiet der deutschen Ostkolonisation östlich der Elbe bis Schlesien, Böhmen, Mähren und Galizien angelegt.

 

Die Waldhufen (hobis silvæ) wurden als lange, schmale Landstreifen vermessen und nebeneinander entlang einer Straße, seltener auch an einem Bach, aufgereiht. Die Streifen stoßen dabei mit der Schmalseite von rund 100 m an die Straße, an der aus Gründen der Verkehrserschließung auch die Häuser erbaut wurden. Hinter dem oder den Gebäuden erstreckt sich dann der Besitz bis zu 2400 m lang: Gärten, Wiesen, Äcker, am Ende meist noch ein Stück Wald zur Versorgung mit Brenn- und Bauholz und zur sommerlichen Waldweide. Gegen die Nachbarn waren die Streifen abgegrenzt mit Zäunen, Lesesteinwällen („Steinriegel“) oder Hecken (Hag, Hak, Heid), oft auch mit privaten, aber nicht mit öffentlichen Feldwegen.
 

 

Sachsenspiegel

Gründung eines Rodungsdorfes. Miniatur um 1300 aus dem „Sachsenspiegel“, verfasst um 1225 von Eike von Repgow, Exemplar Heidelberg, Cod. Pal. germ. 164. Drei Kolonisten roden Bäume, brechen mit der Hacke den Boden auf und zimmern Häuser. Ihr Anführer (mit Hut) erhält vom Grafen als Beauftragtem des Königs den Erblehensbrief.

 


Der Ort Zotzenbach (Gemeinde Rimbach) im Vorderen Odenwald wird als derzeit ältestes, zum Jahr 877 n. Chr. datierbares Waldhufendorf Deutschlands angesehen, nahe Weinheim an der Bergstraße und Kloster Lorsch gelegen. Aber Sachsenweiler (Stadt Altensteig) im Nordschwarzwald ist älter datierbar, denn es ist spätestens im Jahre 804/805 n. Chr. entstanden und zwar als Rodungskolonisation einer oder mehrerer sächsischer Familien aus dem Gebiet östlich der Elbe und südlich von Hamburg.

 

Die dort lebenden Sachsen erhoben sich 804 als die letzten ihres Stammes gegen Karl den Großen, nachdem die andern sächsischen Teilstämme (Westfalen, Ostfalen, Engern) längst sich unterworfen hatten. Als der Kaiser diesen letzten Aufstand in seinen 32 Jahre dauernden Sachsenkriegen (772-804) niedergeschlagen hatte, erzwang er Frieden, indem er die ganze Bevölkerung deportierte und sie im Fränkischen Reich verstreute bis an die Pyrenäen und in die Bretagne, bis in die Provence, nach Oberitalien, Bayern, Alemannien, usw., wo sie an den neuen „Sachsen“-Orten (Sachsenheim, -hausen, -weiler, usw.) unter Aufsicht der Gaugrafen die ihnen zugewiesenen Hufen zuerst einmal roden mussten, um überleben zu können.

 

Urkarte Uerberg kl

 Waldhufenstrukturen. Ausschnitt aus der Urkarte der württ. Landesvermessung 1836,
bearbeitet von Alfred Kiefer, 2013

 


© Fritz Kalmbach, Drosselweg 16, 72581 Dettingen-Erms, 25. Februar 2013

 

Literatur:

 

Diesen Kurztext gibt es als Flyer im Rathaus.