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von Birgit Dharsono - Vorbemerkung von Hans Schabert

 

Heute ist Niebelsbach, das 962 Einwohner zählt, Bestandteil der 9.042 Menschen in fünf Ortsteilen umfassenden Gemeinde Keltern (Zahlen vom 31. Dezember 2012). Ellmendingen, Dietlingen, Dietenhausen und Weiler sind die anderen Dörfer, die unter dem Gemeindenamen vereinigt sind. Bis zum freiwilligen Zusammenschluss 1972, der angesichts der drohenden gesetzlichen Zuordnung zu einem größeren Verbund erfolgte, war Niebelsbach eine selbständige Calwer Kreisgemeinde. Deshalb waren bei unterschiedlicher Kreis-, Regierungsbezirks- und in Vorschriften noch nachwirkender einstiger Landeszugehörigkeit – alle anderen Orte sind badischer Herkunft – damals besondere bürokratische Hürden zu überwinden. In der Oberamtsbeschreibung für Neuenbürg von 1860 gibt es noch das jeweils selbständige Ober- und Unter-Niebelsbach mit 241 bzw. 177 Einwohnern. Bis zur erst 1927 erfolgten Vereinigung nahmen beide Gemeinden einen völlig unterschiedlichen Weg durch die Geschichte. Wer diesen kennenlernen möchte, dem sei das 2010 erschienene und bei der Gemeinde Keltern erhältliche Buch „Niebelsbach“ von Richard Boger empfohlen. Bekannt ist die Grenzsägmühle als Veranstaltungslokal und Ausflugsziel auf der Markung. Sie liegt auf 202 Metern ü. M.; der höchste Punkt auf der 379 Hektar großen Fläche der ehemaligen württembergischen Kommune ist der Fronberg mit 316 Metern. Es ist in dieser Höhenlage entsprechend mild und kein Wunder, dass hier einst reichlich Wein angebaut wurde. Dies greift der folgende, sich mit der Arbeit im„Wingert“ befassende Beitrag von Birgit Dharsono auf.

 

 

Wingert am Fronberg
 

Wenn man heute über den Niebelsbacher Fronberg geht, erinnert kaum noch etwas daran, dass der Ort einst zu den Gemeinden gehörte, die den meisten Wein in der ganzen Gegend produzierten. Ein wesentlicher Teil der Markung war mit Reben bepflanzt, die fast ausschließlich Rotwein lieferten. Die Arbeit im Wingert war nicht einfach. Schon allein die Pflege der Rebstöcke erforderte viel Zeit – und Arbeitsaufwand.

 

Das ganze Jahr über wurde der Boden offengehalten. Im Frühjahr musste man hacken und düngen, zwischendurch immer wieder „abschawe“ oder „Schulbe voglopfe.“ Doch ein schön und sauber gehackter Weinberg war der Stolz eines jeden Besitzers. Diese Arbeit war besonders an den steilen „Stücklen“ des Fronbergs sehr beschwerlich. Bei starken Sommergewittern wurde zudem oft Erde den Hang hinuntergespült. Die Leute saßen dann zuhause und wussten: „Do moß mer widder im Wingert Erde führe.“ Wenn das Wetter wieder trocken war, wurde das Kuhfuhrwerk unten am Fronberg abgestellt, die angeschwemmte Erde in „Zainen“ gefüllt und auf den Wagen geladen. Dann ging es mit dem Fuhrwerk die Eselsgasse hoch. Am oberen Grundstücksende ließ man den Wagen stehen und verteilte die Erde, wieder in Körbe gefüllt, im dortigen Bereich. Auf halber Höhe des Wingerts wurde quer eine Art flacher Graben gezogen, damit der wertvolle Boden bei weiteren Gewittern wenigstens nicht bis ganz nach unten gespült wurde.

 

Die Grundstücksgrenzen wurden beim Hacken deutlich markiert. Dadurch entstand eine Rinne zwischen den einzelnen Wingerten, die von manchen - auch zu Ungunsten des Nachbarn - korrigiert wurde. Ein Anlass für so manchen Streit! Es gab sogar Leute, die mit einem Besen die Rinne zu ihrem Besitz hin sauber fegten, damit ja kein Krümel Erde verloren ging. Wenn man darauf achtet, kann man heute noch erkennen, auf welchen Grundstücken einst Reben standen.

 

Folgt man dem Weg, der am oberen Ortsausgang von Niebelsbach an der ehemaligen Kelter vorbei am steilen Hang des Fronbergs entlang Richtung Eselsgasse verläuft, so liegen rechts die Grundstücke, auf denen einmal Trauben gediehen. Die Grundstücksgrenzen mit den Rinnen dazwischen sind noch gut erkennbar. An einigen Wiesen ist im unteren Bereich ein leichter Hügel zu erkennen. Dort liegt noch immer angeschwemmte Erde, die niemand mehr „nuffgführt“ hat, als die Reben gerodet und die Stücke in Grünland umgewandelt wurden.

 

An einem Grundstück, das viele Jahre verwildert war und erst seit kurzer Zeit wieder gepflegt wird, ist sogar der Graben auf halber Höhe noch zu erkennen, der als „Erdbremse“ gedacht war.

Schon im Januar beginnt die Zeit, zu der die Arbeit im Weinberg anfing. Eine der ersten, die sich dranmachte, war in den Sechzigerjahren immer „Beckeschüles Ruth“. Wenn man sie durch die Wiesen Richtung Fronberg streben sah, „ge Wingertschneide“, dann wusste man: „Des Schaffe im Wingert geht widder los!“

Letzter Weinberg hp
Nur noch einen letzten Weinberg über dem Dorf besichtigen konnten die Mitglieder des KGV beim Spaziergang im März 2010 beim Besuch in Niebelsbach, das bis Mitte des letzten Jahrhunderts zu den großen Rotweinproduzenten im Landkreis Calw gehörte. Bild: Hans Schabert